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GSK (SR 899)
Besonderheiten
GSK (SR 899) www.dresdner-kameras.de

Ich danke Herrn Detlev Vreisleben aus Köln, der mir die gesamten Informationen und umfangreiches Bildmaterial zur Verfügung gestellt und mich bei der Erarbeitung des Abschnittes unterstützt hat.

Die geräuscharme Spiegelreflexkamera SR 899 (GSK)
Anfang der 1970-er Jahre wurde bei Pentacon mit der Entwickung der GSK (geräuscharme Spiegelreflexkamera SR 899 mit der Tarnnummer 14101) begonnen. Auftraggeber war das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) mit der Abteilung 31 seines Operativ Technischen Sektors (OTS). Ziel war die eigene Herstellung einer universell einsetzbaren 35mm-Kleinbildkamera für die konspirative Fotografie. Hierzu war es notwendig, die Kamera besonders in Richtung Geräuscharmut und Fernbedienbarkeit zu optimieren. Die Fertigung der GSK erfolgte etwa ab 1977 im Pentacon „Objekt 8“ in Dresden-Niedersedlitz. Die maximale Stückzahl dürfte im Bereich von etwa 2000 Kameras zum Gehäusepreis von je 12900 Mark der DDR und 140 DM liegen. Die Seriennummern bewegen sich im Bereich von etwa 5000 bis 7000.
Als Grundgerät kam eine weiterentwickelte Praktica EE 2 mit Zeitautomatik zum Einsatz. An Stelle des geräuschintensiven Rückschwingspiegels wurde hier ein feststehender halbdurchlässiger Folienspiegel verwendet, dessen Material bereits Ende der 1960-er Jahre in Zusammenarbeit mit der Akademie der Wissenschaften entwickelt worden war. Bei der serienmäßigen Praktica EE 2 erfolgt die Auslösung des ersten Verschlusslamellenpakets mechanisch und die des zweiten elektromagnetisch. Bei der GSK wurden stattdessen für beide Verschlusslamellenpakete Elektromagnete genutzt, um eine Fernauslösung und ein Fernsteuern der Belichtungszeiten zu ermöglichen. Hierfür ist aber ein spezielles Steuergerät nötig. Ein Punkt hinter der Seriennummer gibt darüber Aufschluss, dass zur Kamera ein zugehöriges Steuergerät mit gleicher Nummer existiert. An diesem lassen sich Einzel- und Serienaufnahmen mit unterschiedlicher Frequenz einstellen und fernauslösen und Belichtungszeiten individuell steuern. Die 9V-Stromversorgung der Kamera erfolgt ebenfalls über das Steuergerät, bei Nichtverwendung dieses Geräts kam eine externe Spannungsquelle zum Einsatz. Die GSK besitzt einen geräuschgeminderten motorischen Aufzug, der fest an der Kameraunterseite verbaut war.

GSK mit SO-3.3 (3,5/75mm) GSK mit SO-3.4 (2,8/135mm)

GSK mit SO-3.3 (3,5/75mm)

GSK mit SO-3.4 (2,8/135mm)

optionales Steuergerät zur GSK

optionales Steuergerät zur GSK

Auslösemagnet zur elektrischen Auslösung der GSK

Auslösemagnet zur elektrischen Auslösung der GSK

Zubehör
Neben dem genannten optionalen Steuergerät zur Fernsteuerung der Kamera existierte eine breite Palette an Systemzubehör. Verwendbar war eine Datenrückwand, gegen die die serienmäßige Kamerarückwand getauscht werden konnte. Sie enthielt ein eigenes Blitzgerät zur Dateneinbelichtung ins Bild. Eine 17m-Kassette für 450 Aufnahmen war ebenfalls an die GSK anschließbar und eine Datenkassette war schließlich die Kombination aus Datenrückwand und 17m-Kassette. Ein interessantes Okularzubehör ist der von Carl Zeiss Jena entwickelte Grauwertindikator (G1-Gerät bzw. Tarnnummer 14517). Am Okular angeschlossen, löste er selbsttätig die Kamera aus, wenn in einem überwachten Bereich in der Bildmitte Helligkeitsschwankungen auftraten. Der Wärmestrahlungssensor T-1.1 nimmt Personen in einer Entfernung bis zu 200m wahr und konnte damit zur automatischen Auslösung der Kamera genutzt werden. Der Operativ Technische Sektor des Ministeriums für Staatssicherheit entwickelte eine spezielle Fernsehkamera, um das Sucherbild der Kamera an einen Monitor übertragen zu können. Das Okular der GSK war zum Schutz vor Fremdlichteinfall mit einer Klappe verschließbar und nicht kompatibel zum normalen Praktica-Okular, damit war nur die Verwendung von angepasstem Zubehör möglich.

GSK mit Datenkassette für 450 Aufnahmen mit der Möglichkeit der Dateneinbelichtung

GSK mit Datenkassette für 450 Aufnahmen mit der Möglichkeit der Dateneinbelichtung

GSK-Datenrückwand GSK-Wärmestrahlungssensor T-1.1

GSK-Datenrückwand

Wärmestrahlungssensor T-1.1

GSK mit Grauwertindikator zur Kameraauslösung bei Helligkeitsschwankungen in einem überwachten Bereich in der Bildmitte.

GSK mit Grauwertindikator zur Kameraauslösung bei Helligkeitsschwankungen in einem überwachten Bereich in der Bildmitte.

GSK und GSK-Einbaugehäuse

GSK und GSK-Einbaugehäuse

GSK-Einbaurahmen zur getarnten Verwendung der Kamera in einer Umhängetasche.

GSK-Einbaurahmen zur getarnten Verwendung der Kamera in einer Umhängetasche. Es wurde über einen der Taster rechts oder links im Metallbügel ausgelöst und durch das Fenster in der Taschenfront fotografiert.

Funkfernsteuerung zur Auslösung der GSK (Version für Aktenkoffer) Funkfernsteuerung zur Auslösung der GSK (Version mit Körperantenne für das Tragen in der Kleidung)

Funkfernsteuerung zur Auslösung der GSK (Version für Aktenkoffer)

Funkfernsteuerung zur Auslösung der GSK (Version mit Körperantenne für das Tragen in der Kleidung)

An das Okular der GSK konnte eine Fernsehkamera angeschlossen werden, um das Sucherbild an einen Monitor zu übertragen.

An das Okular der GSK konnte eine Fernsehkamera angeschlossen werden, um das Sucherbild an einen Monitor zu übertragen.

Mittels eines Hilfsrahmens konnte eine GSK durch eine Robot ersetzt werden.

Mittels eines Hilfsrahmens konnte eine GSK durch eine Robot ersetzt werden.

Objektive
Die bei Carl Zeiss Jena speziell entwickelten Sonderoptiken (SO) wiesen eine vor dem Objektiv liegende Eintrittspupille auf, damit wurde selbst durch eine versteckte Montage hinter verschiedensten Tarnungen der Bildkreis der Optik nicht beschnitten. Die Blendenebene liegt außerhalb des Objektivs. Zu jedem Objektiv gehörten eine vorschraubbare Irisblende und ein Satz vorschraubbarer Festblenden. Meist kamen die Sonderoptiken SO-3.1 (Flektogontyp 2,8/35), SO-3.2 (Biotartyp 2,8/50), SO-3.3 (Tessartyp 3,5/75), SO-3.4 (Sonnartyp 3,5/135) zum Einsatz. Sie besitzen kameraseitig einen M36x1-Anschluss und werden mit einem Adapter an die Kamera angeschlossen. Das Auflagemaß der Optik betrug 48,0mm.
Das SO-2 (4/500) war ein manuell zu fokussierendes M42x1-Infrarotobjektiv, als Nachfolger wurden die Infrarot-Autofokus-Objektive SO-2.2A (2,8/300) und SO 2.2B (2,8/180) konzipiert. Erst das SO-2.2B erfüllte die Anforderungen nach einer hohen Autofokusgeschwindigkeit. Allerdings hatte diese Technik ihren Preis, das SO-2.2 kostete beispielsweise 215000 Mark der DDR und band ungeheure materielle und personelle Ressourcen beim Hersteller Carl Zeiss Jena. Nur 25 dieser Spezialoptiken wurden gefertigt. In einer Zeit in der die DDR-Produkte und damit auch die Objektive des VEB Carl Zeiss Jena nicht mehr mit Weltmarktprodukten konkurrieren konnten, waren derartige massive Spezialinvestitionen nur dazu geeignet, vernünftige Investitionen in vermarktungsfähige innovative Produkte zu verhindern. Erschwerend kommt hinzu, dass die Sonderoptiken ja auch nicht auf dem Weltmarkt angeboten werden konnten und durften, also ein Rücklauf der Gelder in keinem Falle zu erwarten war. (vgl. Jehmlich, Gerhard: Militärische Produktion, LVO-Produktion, in: Der VEB Pentacon Dresden, S. 207 ff.)

Adapterring zum Anschluss der Sonderobjektive SO-3.1 bis 3.4 an die GSK (Adaptierung des Objektivanschlusses M36x1 auf den kameraseitigen Anschluss M42x1) Adapterring zum Anschluss der Sonderobjektive SO-3.1 bis 3.4 an die GSK (Adaptierung des Objektivanschlusses M36x1 auf den kameraseitigen Anschluss M42x1)

Adapterring zum Anschluss der Sonderobjektive SO-3.1 bis 3.4 an die GSK (Adaptierung des Objektivanschlusses M36x1 auf den kameraseitigen Anschluss M42x1)

Die bei Carl Zeiss Jena gefertigten Sonderobjektive SO-3.1 (Flektogontyp 2,8/35), SO-3.2 (Biotartyp 2,8/50), SO-3.3 (Tessartyp 3,5/75), SO-3.4 (Sonnartyp 3,5/135).

Die bei Carl Zeiss Jena gefertigten Sonderobjektive SO-3.1 (Flektogontyp 2,8/35), SO-3.2 (Biotartyp 2,8/50), SO-3.3 (Tessartyp 3,5/75), SO-3.4 (Sonnartyp 3,5/135).

GSK mit SO-3.2 und einem manuell zu fokussierenden M42x1-Infrarotobjektiv SO-2 (4/500). Hiermit war nur eine unzureichende Scharfstellung bei Dunkelheit möglich.

GSK mit SO-3.2 und einem manuell zu fokussierenden M42x1-Infrarotobjektiv SO-2 (4/500). Hiermit war nur eine unzureichende Scharfstellung bei Dunkelheit möglich.

Sonderobjektiv SO-3.3 (Tessartyp 3,5/75) mit vorgeschraubter Irisblende Das Infrarot-Autofokusobjektiv SO-2.2B (2,8/180) zum Stückpreis von 215000 Mark der DDR

Sonderobjektiv SO-3.3 (Tessartyp 3,5/75) mit vorgeschraubter Irisblende

Das Infrarot-Autofokusobjektiv SO-2.2B (2,8/180) zum Stückpreis von 215000 Mark der DDR

Varianten der GSK SR 899
Zur Vermeidung von Lichtverlust wurde eine Variante der GSK für das SO-2.2B komplett ohne Spiegel gefertigt. Die Beobachtung und Anvisierung des Objekts erfolgte hier durch ein Zielfernrohr, die automatische Fokussierung der Optik mittels Laserentfernungsmessung.
Eine Halbformat-GSK ohne Folienspiegel wurde für als „Dokumentationsgerät für konspirative Durchsuchungen“ (Repro-Kamera im Koffer) verwendet. Hierbei kamen Carl Zeiss Jena Dokumare als Kameraoptiken zum Einsatz.

Variante der GSK ohne Folienspiegel am Infrarot-Autofokusobjektiv SO-2.2B (2,8/180) Variante der GSK ohne Folienspiegel am Infrarot-Autofokusobjektiv SO-2.2B (2,8/180)

Variante der GSK ohne Folienspiegel am Infrarot-Autofokusobjektiv SO-2.2B (2,8/180), die Beobachtung und Anvisierung des Objekts erfolgte hier durch ein Zielfernrohr, die automatische Fokussierung der Optik mittels Laserentfernungsmessung.

Projekt GSK II
Das mehr als 3 Mio. Mark teure Projekt GSK II lief beim OTS von 1984 bis 1989 und sollte die GSK durch eine geeignete Nachfolgekamera ersetzen. Die Verwendung der Praktica BX20 wurde wieder verworfen und das zukünftige Augenmerk stattdessen auf die geplante Praktica-BY-Reihe gelegt.

GSK (Abb. links) und ihre Nachfolgestudien

GSK (Abb. links) und ihre Nachfolgestudien: BX 20 mit Motoraufzug und Auslösemagnet im unten angesetztem Gerät (Abb. rechts), BX 20 mit Winder und Auslösemagnet in der Kamera integriert (Abb. Mitte)

GSK-II-Studie auf der Basis der BX 20 mit Auslösemagnet und Motoraufzug im separat angesetztem Gerät GSK-II-Studie auf der Basis der BX 20 mit Auslösemagnet und Motoraufzug im separat angesetztem Gerät

GSK-II-Studie auf der Basis der BX 20 mit Auslösemagnet und Motoraufzug im separat angesetztem Gerät

GSK-II-Studie auf der Basis der BX 20 mit Praktica winder

Die Halbformatkamera HFK III
Von Pentacon wurden Steuergerät und Doppellamellenverschluss, später auch das Kameragehäuse, für eine weitere geräuscharme Kamera des MfS gefertigt, die HFK III. Hierbei handelte es sich um eine Halbformatkamera 24x24mm für Tageslichtfotografie mit Belichtungssensor. Über das Steuergerät mit Belichtungsautomatik waren manuelle Zeiten von 1/15s bis 1/500s und automatische Zeiten von 1s bis 1/500s möglich. Für den Sensor wurde jedoch eine zweite Öffnung in der Tarnung benötigt. Deshalb wurden ab 1983 bei Carl Zeiss Jena auch Objektive mit integrierter Belichtungsmessung und integriertem Verschluss entwickelt, diese standen aber erst 1988 bzw. 1989 zur Verfügung.

HFK III mit Doppellamellenverschluss, nebenstehendem Belichtungssensor und dem Steuergerät mit Belichtungsautomatik

HFK III mit Doppellamellenverschluss, nebenstehendem Belichtungssensor und dem Steuergerät mit Belichtungsautomatik

Weiterführende Literatur

  • Melton, H. Keith; Vreisleben, Detlev; Hasco, Michael M.: The Secret History of Stasi Spy Cameras 1950-1990. Schiffer Pub Ltd. 2020, ISBN 978-0764360459
  • Vreisleben, Detlev: Sonderobjektiv SO-2.2B. PhotoDeal I/2001.
  • Vreisleben, Detlev: Die geräuscharme Spiegelreflexkamera (GSK). PhotoDeal II/2001.
  • Vreisleben, Detlev: Die Halbformatkamera (HFK). PhotoDeal III/2001.
  • Vreisleben, Detlev: Der Beobachtungskomplex I und II. PhotoDeal IV/2001.
  • Vreisleben, Detlev: Spionagekameras und ihre Tarnungen. PhotoDeal III/2002.
  • Vreisleben, Detlev: Dokumentationsgeräte des MfS. PhotoDeal IV/2002.
  • Vreisleben, Detlev: Neue Erkenntnisse bei Spionagekameras - Die Fototechnik des MfS. PhotoDeal IV/2008.
  • Schrauf, Heinz: Vorsicht Taschenliebe - Die Tricks der DDR-Stasi. PhotoDeal II/2004.
  • Jehmlich, Gerhard: Der VEB Pentacon Dresden. Sandstein Verlag Dresden 2009, ISBN 978-3-940319-75-3

PhotoDeal - Magazin für Photographica und Fotogeschichte

Hier noch eine persönliche, aber natürlich rein subjektive Empfehlung von Sammler zu Sammler, für das aus meiner Sicht beste deutschsprachige Magazin für Photographica und Fotogeschichte, die PhotoDeal.

Ausgewählte PhotoDeal-Artikel mit Bezug zur Dresdner Fotoindustrie wurden hier zusammengestellt.

Ein Gesamtinhaltsverzeichnis aller PhotoDeal-Ausgaben mit Stichworten für eine Volltextsuche finden Sie hier.

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   Stand / Revision: 27.04.2021

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